23. April 2011

Ostern ist das neue Weihnachten

Ostern ist das neue Weihnachten, zumindest für die Schokoladenindustrie. Tatsächlich, werden jedes Jahr mit schöner Regelmäßigkeit mehr Osterhasen als Weihnachtsmänner verkauft. Letztes Jahr wurden alleine in Deutschland 13 Millionen Kilogramm Schokolade zu Schokoladenhasen verarbeitet, was in etwa 131 Mio. Schoko-Osterhasen bedeutet. Fast eine halbe Milliarde Euro werden Verbraucher 2011 für Schokoladeneier und Schokoladenhasen in allen Formen und Farben ausgeben. Das bedeutet natürlich auch Hochkonjunktur in den Marketingabteilungen von Milka und Lindt.

Denn wer es schafft das Verbraucher seine Marke mit Ostern zu Assoziieren, der hat auch an den Regalen die Nase vorn. Glaubt man der Online-Umfrage des Marktforschungsinstituts MediaAnalyzer macht in den Köpfen der Verbraucher der Goldhase das rennen, denn 53% der Verbraucher denken in puncto Oster-Leckerein zuerst an die Marke Lindt. Nur 31% der Verbraucher hingegen dachten zuerst an die Alpenmarke Milka. Ein Ergebnis, dass mit Blick auf die unterschiedliche Markenpositionierung durchaus Sinn macht.  

Milka ist die bodenständige Marke und setzt auch in der Markenkommunikation vor allem auf Natur und den Ursprung der Alpenmilch als Hauptzutat der Schokolade. Lindt hingegen setzt auf Erfahrung seiner Chocolatier bei der Wertschöpfung und betont mit jeder Maßnahme die Exklusivität. Während Milka also die "Pause im Alltag" darstellt, tendieren Konsumenten an Ostern zum exklusiveren Goldhasen von Lindt.  

Dafür dürften am Muttertag wiederum Milka-Herzen und Merci-Schokolade von Ferrero bei den Verbrauchern ganz oben auf der Liste stehen. Überhaupt wird die "Besetzung" von Ereignissen und die Etablierung selbiger für Marken im FMCG Bereich immer wichtiger, wie der auch in Deutschland wachsende Hype um Valentinstag und Halloween zeigt. Das Thema ist sicherlich einen Blogeintrag in den kommenden Tagen wert. 

Vor allem im hart umkämpften Schokoladen-Markt ist die Positionierung der Marke entscheidend für den Erfolg des Unternehmens. Gleichzeitig sanken allerdings die Brutto-Werbeausgaben der Schokoladen-marken seit ihrem hoch im Jahr 2000 mit über 650 Millionen Euro kontinuierlich. Ein weiteres Indiz dafür das es mehr darauf ankommt was, wie und wo man es sagt wichtiger wird, als wie häufig.

Brandaktuell in diesem Zusammenhang natürlich die neue Milka-Kampagne. Milka bleibt sich zwar im großen ganzen seiner Markenwelt treu allerdings wirkt die neue Markenbotschaft "Trau dich Zart zu sein" auf den ersten Blick etwas merkwürdig und auch auf den zweiten und den dritten um ehrlich zu sein. Milka will verbinden, Menschen zusammen bringen, daran erinnern, dass wir uns auch in unserem Alltag von unseren Zarten Seite zeigen sollen. Nett gedacht, allerdings hat die Agentur Crispin Porter & Bogusky aus meiner Sicht den Bogen überspannt.  Irgendwie wirkt das Markenversprechen leer und fehl am Platz.


Warten wir mal ab wie das neue Kommunikationskonzept bei den Kunden ankommt. Ich habe mal einige der spannendsten Schokoladen-Werbungen und Kommunikationsaktionen der letzten Jahre aufgelistet die mir so spontan eingefallen sind: 

1) Unvergessen, der Cadbury Spot - Purer Genuss (ohne Worte)


2) Persönliche Oster-Grüße von und mit Ritter Sport

Pünktlich zu Ostern hat Ritter Sport den Besuchern seines Web-Shops die Möglichkeit geboten personalisierte Rittersport Produkt zu verschicken. Nachdem man sich für Art und Größe der Ritter Sport Schokolade entschieden hat, kann man mit der eigens programmierten Applikation eine Basismotiv für die Verpackung auswählen sein persönliches Foto und Grußbotschaft einfügen und fertig ist der persönliche Schoko-Gruß. Allerdings hat der Spaß auch seinen Preis.



3) Augmented Reality Osterhasensuche von Lindt

Lindt hat vor kurzem eine neue iPhone App gelauncht mit der man via Augmented Reality Goldhasen in der Umgebung suchen konnte. Wer mindestens 5 Stück gesammelt hat, konnte an einem Gewinnspiel mit exklusiven Preisen Teilnehmen. Mehr dazu auf dem Blog von Sandro Pigoni hier







4) Chocri.de - Schokolade zum Selbermachen, mal anders

Chocri war meines Wissens einer der ersten Online-Anbieter für personalisierte Schokolade. Die Idee ist so einfach wie lecker. Jeder kann auf Chokri.de aus seinen Lieblingszutaten auswählen und bekommt die individuell gestaltete Tafel einige Tage später mit der Post geliefert. Individuell gestaltbar war auch der TV-Spot von Chokri.de aus dem letzten Jahr. Eine Prise Krimi, ein bisschen Erotik und ein Hauch Comedy - fertig ist der eigene Chocri TV-Spot. Zum eigenen Spot geht's hier.




5) Japp Choclat Bar - Schokolade als Energielieferant 


Frohe Ostern. 

17. April 2011

Music Matters: Musik macht Marke

Die Deutsche Bank tut es, Nissan auch und Coca-Cola sowieso. Sie zielen auf die Ohren und wollen die Herzen der Konsumenten erobern.

Längst haben Marken- und Produktmanager erkannt, dass der Klang der Marke jenseits von Werbe-Songs und -Jingles ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist. Autohersteller designen den Klang der Blinker im Labor, das Knacken der Bahlsen Kekse ist das Resultat von langjähriger Planung und eCommerce Manager wissen um die Bedeutung des richtigen "Klicks". Der Aufwand lohnt sich, denn Musik und Klänge gehen direkt unter die Haut und wecken Emotionen, die bei jedem von uns starke Assoziationen hervorrufen. Ein idealer Nährboden für die emotionale Positionierung von Marken und Produkten.

Musik als Imageträger und zur Positionierung von Produkten ist deshalb voll im Trend und gehört mittlerweile zum kleinen 1x1 der Markenführung. Kein Wunder, denn mit zunehmender Fragmentierung der  Zielgruppen durch den Bedeutungsgewinn von Social Meida, in dem gemeinsame Interessen wichtiger sind als soziodemographische Merkmale und Sinus-Milieus, wirkt Musik wie ein verbindendes Element, als universelle Sprache.

Grundsätzlich lassen sich zwei generelle Ansätze unterscheiden,  die ich wegen ihrer Charakteristik und mit Blick auf das Marken-Involvement den Pawlow-Ansatz und das Gottschalk-Prinzip genannt habe. 

I. Der Pawlow-Ansatz

Der Pawlow Ansatz entspricht im weitesten Sinne dem traditionellen Marketing-Ansatz von Werbe-Jingles und -Songs bei dem die Musik bzw. der Musiker als Testimonial direkt Teil der Markenbotschaft wird. Die von der Musik geweckten Emotionen sollen im Idealfall unmittelbar mit der Marke assoziiert werden. Allerdings geht es heutzutage nicht mehr nur darum die "richtigen" Emotionen bei der Zeilgruppe zu wecken, sondern auch generell einen Zugang zur Zielgruppe zu schaffen. Die Auswahl der Musikrichtung ist dafür genauso wichtig wie der eigentliche Inhalt. 

Dieser Trend ist eng mit dem Aufstieg des US HipHop in den Musikmainstream verbunden. In keiner anderen Musik-Subkultur wie dem HipHop spielt die Demonstration von Status, Ansehen und Macht eine so große Rolle und nichts eignet sich dafür besser als Statussymbole und Marken. So zählte die Los-Angeles Times bereits im Jahr 2004 insgesamt 59 Marken-Erwähnungen in den Liedertexten der Billboard-Top-20-Charts. Viele Marken erkannten das Potenzial und versuchten fortan durch geschicktes "Namedropping" ein Produkt-affines Umfeld in der Zielgruppe zu schaffen.

Der Cadillac Escalada is auf diesem weg zu einem Status-Symbol und Teil der US-HipHop-Kultur geworden. Die Kollegen vom Pressetext Austria haben herausgefunden, dass nicht zuletzt dank des geschickten Namedroppings in vielen Rap und HipHop Songs über ein viertel der US-Verkäufe der Afro-Amerikanischen Community zugeschrieben werden. Und Chrysler hat nicht zufällig für seinen diesjährigen Superbowl TV-Spot den Rapper Eminem engagiert. Mit seiner Musik vereint Eminem Gesellschaftsschichten, die in der Lebenswirklichkeit nichts miteinander zu tun haben. Die 1 Million Euro, die Chrysler investierte, um einen Zugang zur Zielgruppe der unter 30-Jährigen zu finden, scheint sich auch mittelfristig auszuzahlen (mehr hier).



II. Das Gottschalk-Prinzip

Das Gottschalk-Prinzip entspricht im Wesentlichen dem Konzept von Branded Entertainment. Dabei tritt die Marke in den Hintergrund und fungiert als Entertainer und Moderator oder eben als "Enabler" für das Erlebnis. Der Vorteil liegt darin, dass die Marke so unterschiedliche Zielgruppen ansprechen kann, ohne sich selbst zu verwässern. Im Vordergrund steht die Steigerung der Aufmerksamkeit und der Beliebtheit der Marke durch die Assoziation mit dem gemeinschaftlichen Erlebnis.

Vor allem in den below-the-line Kanälen übernehmen Marken die Rolle des "Enablers", um die Aufmerksamkeit der Zielgruppe für sich zu gewinnen. Indem sie ihren Konsumenten ein besonderes Erlebnis ermöglichen, schaffen sie im Idealfall, dass man sie direkt mit der Marke assoziiert. (mehr über Enabler vs. Provider Marken hier). 


Coca-Cola: Einmalige Erlebnisse mit der Marke

Es ist kein Wunder, dass gerade Coca-Cola an vorderster Front mitmischt. Keine andere Marke setzt so konsequent auf Musik, wenn es darum geht, das Image und die emotionale Positionierung der Marke zu schärfen (mehr hier). Seit den 80ern stürmen die Werbe-Songs von Coca-Cola regelmäßig die Charts. In den letzten Jahren ist Coca-Cola aber zunehmend in den BTL Kanälen als Enabler aufgetreten. Mittlerweile gibt es im Netzt eine kaum überschaubare Anzahl von Coca-Cola Musikplayern, von der Musikplattform mycokemusic.at bis hin zum Coke Happiness Player der sich auf die Stimmung der User einstellt. In diesem Jahr hat sich Coca-Cola aber ganz dem Prinzip des Enablers verschrieben.

Unter dem Motto Coke Sound Up 2011 präsentiert Coca-Cola seinen Fans dieses Jahr sieben einmalige Konzerte, bei denen die Fans ihren Idolen so nah kommen können wie nie zuvor.  Bislang sind Konzerte mit "N.E.R.D", "One Night Only" und "Mando Diao" geplant. Dazu kommen noch mindestens vier weitere geheime Top-Acts.  Um die Konzerte wirklich zu einem einzigartigen Erlebnis werden zu lassen, plant Coca-Cola die Konzerte zusammen mit den Künstlern. Schon der Aufgang der Band "N.E.R.D" beim ersten Konzert in München war einmalig - nicht aus dem Backstage Bereich, sondern mitten durchs Publikum bahnten sich Pharrell Williams und Bandkollege Shae den weg auf die Bühne und suchten auch im weiteren Verlauf immer wieder den unmittelbaren Kontakt zu den Fans. Wer sich die Video-Mitschnitte vom Konzert anschaut hier bekommt ein gutes Gespür dafür, was Coca-Cola unter Nähe versteht.

Eine weitere Aktion aus der Coke Sound Up 2011 Initiative, die hohe Wellen geschlagen hat, war die 24h Session mit "Maroon 5".


Einen Tag lang durften zehn Jugendliche mit der Band Maroon 5 ins Studio und gemeinsam einen neuen Song schreiben. Via Social Media wurden auch die anderen Fans eingebunden: Maroon 5 wendete sich immer wieder via Twitter mit Fragen an die Fans außerhalb des Studios. So hatte jeder Fan vor dem Livestream die Möglichkeit, Einfluss auf den Song zu nehmen. Das Feedback der Fans via Tweets und Facebook-Posts wurde im Studio in Echtzeit auf eine Leinwand projiziert und direkt eingebunden. (mehr über die Aktion bei facebookbiz.de). 


Deutsche Bank: Cooperate Social Responsibility als Marketingtool 

Wer noch einen Beweis dafür braucht, dass sich Musik-Sponsoring auch im Premium-Segment hervorragend für die Positionierung der Marke eignet, der wird bei der Deutschen Bank fündig. Unter der exklusiven Schirmherrschaft der Deutschen Bank können Fans der klassischen Musik seit 2008 die Konzerte der Berliner Philharmoniker in der Digital Concert Hall (hier) an jedem Ort der Welt und zu jeder Zeit erleben. In diesem Jahr sollen sogar erstmals ein Konzert der Berliner Philharmoniker im Kino übertragen werden und zwar in 3D. Mehr über die außergewöhnliche Partnerschaft könnt Ihr auf Handelsblatt.de nachlesen, hier geht's zum Artikel . Auch wenn der wirtschaftliche Erfolg auf sich warten lässt, demonstriert die Deutsche Bank durch das Engagement ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, schafft durch das Sponsoring ein Gegengewicht zur gewinnorientierten Unternehmenskultur und erreicht überdies ganz nebenbei genau ihr Klientel.


Nissan verschafft sich gehör in der Zielgruppe

Rassiger Crossover sucht junge, beruflich erfolgreiche und erlebnisorientierte Single-FaherIn für unvergessliche gemeinsame Stunden in der Stadt. Ungefähr so würde sich wohl die Kontaktanzeige von Nissan für seinen neuen Juke in einer Zeitungsannonce lesen. Dumm nur, dass sich die Zielgruppe eher für interaktive Onlineangebote interessiert. Deshalb hat Nissan für den neuen Nissan Juke seine bislang aufwändigste Online-Kampagne entwickelt. Neben der Wahl des Kanals, ist die Botschaft aber mindestens genauso wichtig und deshalb hat Nissan einen europäischen Band-Contest mit vier Newcommer-Bands aus der Rockszene entwickelt: "Bakkushan" aus Deutschland (dem einen oder anderen bekannt aus der Vodafone #Tweetlied Aktion), "Pony Pony Run Run" aus Frankreich, "The Pinker Tones" aus Spanien und "The Visitors Attak" aus Italien.

Zu sehen und zu hören ist die Show, bei der die Bands alle 10 Tage neue Herausforderungen in einer der europäischen Metropolen bewältigen müssen, auf dem Youtube-Channel nissanjukerock. Die Show ist so konzipiert, dass die Zielgruppe direkt mit den Bands interagieren und ihr Votum abgeben, Kommentare einstellen und sich austauschen kann. Damit der Band-Contest genügend Aufmerksamkeit erhält, hat sich Nissan für eine zweimonatige Seeding-Kooperation mit Google auf YouTube entschieden und den Contest zudem in seine eigenen above-the-line Maßnahmen eingebunden. Beinahe 2 Millionen Kanalaufrufe auf YouTube und über 13.000 Fans des Nissan Juke auf Facebook scheinen die Bemühungen zumindest auf den ersten Blick zu rechtfertigen.

Fazit: 

Die Musik macht die Marke. Dabei sind die Einsatzmöglichkeiten nahezu unbegrenzt. Hubert Feil hat in seinem Artikel über Musik-Sponsoring eine interessante Übersicht über die häufigsten Ziele für Marken zusammengestellt, die ich in etwas überarbeiteter Form übernommen habe:

1) Steigerung des Bekanntheitsgrades von Marken und Produkten
2) Aufbau und Veränderung des Marken-Image durch Imagetransfer
3) Positionierung der Marke innerhalb der Zielgruppe
4) Überbrücken von Kommunikationsbarrieren durch direkte, emotionale Kontaktaufnahme
5) Dokumentation gesellschaftlicher Verantwortung